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Eine schwarze Woche für die Demokratie

Was hat Kunst mit Corona zu tun oder was hat Corona mit Kunst zu tun? Wie verhält sich die Wissenschaft zur Kunst und wie könnte sich die Kunst mit der Wissenschaft treffen? Gibt es eine Chance, dass sich Politik, Wissenschaft und Kunst in irgendeiner Weise treffen? Ja, aber unter den aktuellen Bedingungen scheint mir ein derartiger Versuch nicht von Erfolg gekrönt zu sein.

„Auch die stoische Physik ist ganz von den Erfordernissen der Ethik geprägt. Der Materialismus sollte zusammen mit dem Sensualismus die Unverfügbarkeit der äußeren Dinge außer Zweifel setzen. Andrerseits aber musste durch die Naturerklärung sichergestellt werden, dass der Trieb tatsächlich von der Vernunft beherrschbar ist. So wurden die Stoiker dazu geführt, an die Heraklitische Logos-Philosophie anzuknüpfen und sie mit dem Aristotelischen Begriffen zu interpretieren.“

Die Philosophie der Antike: Stoa, Epikureismus und Skepsis  von Malte Hossenfelder

Ich wollte über Kunst und Corona schreiben, aber die Ereignisse in den USA und auch die eigentümliche Haltung einiger europäischer Staaten zu der noch lange nicht gebändigten Pandemie, machen mich nicht nur stutzig oder lassen mich verblüfft dreinschauen, sie lassen mich mehr als ratlos zurück.
Über Pfingsten, als dieses christliche Fest der Erleuchtung mit den Hl. Geist über uns hienieder kam, sah ich auf der flachen Fernsehkiste und auch auf diversen Seiten im Internet eine eigentümliche Selbstvergessenheit oder Unglaube, die zu einer Starre mutierte und mehr mit Amnesie oder cerebraler Agonie zu tun hatte, als es für die geforderte Wachsamkeit und das „Aufeinander Achtgebens“ notwendig gewesen wäre. In der Weltjugendhauptstadt Berlin vergnügte sich eine große Menge hauptsächlich hippiesker Partyflitzer auf dem Landwehrkanal mit einer sogenannten Schlauchbootpartie, wobei sämtliche Teilnehmer alle Regeln außer acht ließen und vergessen zu haben schienen, dass das Virus an jeder Ecke und in jedem Gulli lauert und auch im Wasser jeden infizieren und, wenn es ihm beliebt, töten kann.
Die Lockerungen der Regierung in Berlin und der Landesregierungen zwischen Kiel, Dresden und München, die meines Erachtens auf Druck der Industrie, der großen DAX-Unternehmen, dem internationalen Finanzkapitalismus wie den im vereinten Chor moderat säuselnder Politiker aus fast allen Parteien zustande kamen, haben Volkes (unverhältnismäßigen) Unmut dankend aufgegriffen und die Landesfürsten begannen zunächst, jeder für sich, Programme vorzustellen, wie man dieses verfluchte Virengespenst aus dem Alltag der Menschen bzw. der potenziellen Wähler entfernen würde können. Die meisten Politiker fürchteten eher die auf sie zukommenden Verluste bei den nächsten Wahlen als die tödliche Macht des Virus. Während in den USA, in Brasilien, in Großbrittanien und Spanien weiterhin kaum Entwarnung gegeben wurde (Trump und Bolsonaros Methoden mag man gar nicht erst zu diskutieren oder ernst zu nehmen: Wie soll man Irresein erklären), bangt die überall verstreute kleinteilige Weltwirtschaft der vielen unterschiedlich verteilten Gewerke um ihre Existenz? Dabei geht es zum großen Teil um die Abhängigkeiten vieler europäischer Staaten vom Tourismus als eine der Haupteinnahmequellen für Unternehmer und Finanzämter. Natürlich leidet die Mittelschicht der gastronomischen Betriebe in Österreich, Italien, Spanien, Griechenland und Frankreich über alle Maße unter einem katastrophalen Einkommenstopp durch die Pandemie, aber die Warnungen der Virologen und soziologischen wie politologischen Zukunftsdeuter wurden erstmal in die Verharmlosungszentrifuge gesteckt und dann mit einem Handstreich von den Tischen gefegt, um das „Schlimmste“ zu verhindern.
Was aber ist das „Das Schlimmste“ in einer derartig unübersichtlichen Pandemielage? Demonstrationen, Aufruhr, Rebellion, Zersplitterung der Parteien, Rechtsruck, Zerbrechen der EU oder eine derartig große Rezension, dass die Folgen nur dystopisch einer Bewertung standhalten kann? In diesem Zusammenhang verweise ich auf ein Zoom-Interview der SZ mit einigen der bekanntesten Virologen aus unterschiedlichen Staaten von den USA bis nach Australien, welches in der Freitagsausgabe im Magazin abgedruckt wurde.

Was der „Youtuber“ Rezo von sich gibt, ist sicher gut und wenn es sich genügend jüngere (aber auch ältere) Menschen anschauen, kann es auch eine Generationen übergreifende Wirkung haben, die vielleicht ein Nachdenken auslösen kann. Ich schätze allerdings, dass Rezos Auslassungen nur eine bestimmte jüngere Klientel überzeugen kann. In vielen Bereichen ist der Schnellsprecher Rezo nicht nur vorbildlich, sondern auch den trüben Tassen der Öffentlich Rechtlichen Medien weit überlegen. Er  bemüht sich, seine Behauptungen und  Aussagen evident zu belegen, was selbst gestandenen Zeitschriften mit Niveau nicht immer gelingt. Er ist auch eine Abwechslung zur automatisierten Begriffsklauberei und dem phraseologischen Stakkatogestanzel der einschlägigen Talkshows oder Pressekonferenzen. Drosten und Lesch müssen explizit gelobt werden und können aus dem medialen Klumpatsch herausgenommen werden. aber da tummeln sich zu viele Ableser in den einzelnen Formaten. Anja Reschke oder Ranga Yogeshwar sind ebenso absolut glaubwürdig und strahlen Vertrauen aus, wenn ansonsten meinungsbildende Botschaften in der öffentlichen Meinung einen Salto rückwärts vorwärts nach dem anderen hinlegen – je nach Vermögen und im Sinne der Direktiven von oben. Es gibt in den Medien einige dieser Journalisten mit Mut und klaren Faktenbeweisen sowie Rückgrat, die diese Bezeichnung verdient haben, aber diese Einschätzung sollte selbstverständlich jeder für sich beurteilen.
Wer erinnert sich noch an Löwenthal? Keiner? Nur die älteren Spitzbuben wissen, was ich meine. Na denn wird es Zeit, sich mal auf youtube diesen unterirdisch argumentierenden Moderator aus den 70er Jahren anzuschauen: Die Milch wird sauer, das Bier wird schal, im Fernsehen spricht der Löwenthal.
Der literarische Scharfrichter MRR wird ob seines 100. Geburtstages durch die Medien geschleift und was ich an filmischen Schnipseln aus dem Literarischen Quartett gesehen habe, macht mich noch im nachhinein wütend, weil er mit einer selbstgerechten Arroganz und seinem Spektakel-Kauderwelsch viele Schriftsteller nicht nur ordentlich abgekanzelt und rhetorisch vernichtet hat, sondern ebenso viele Gute enorm schädigte.
Der smarte Herr Röttgen ist wieder aufgetaucht, schließlich war so ein normaler Parlamentarier in der CDU während der coronaren Medialinszenierungen stark benachteiligt, wenn es darum ging, sich um höhere Weihen zukünftigen Postengeschachers zu bewerben. Über den hin und wieder als Spuk auftauchenden Merz braucht man nicht viele Worte zu verlieren, man weiß, dass er es mit einer gelassenen Miene unbedingt wissen will und dass viele Jungtürken in der Partei ihn für einen in der Wolle gefärbten Ordoliberalen Guru halten und vorbehaltlos hinter ihm stehen. Ob das reicht, wird sich zeigen, wenn im Herbst und Winter über die Coronalenker geurteilt wird, denn so selbstherrlich mit staatsmännischer Attitüde, wie Laschet und Söder durch die Medienlandschaften stolzierten, kann man nur darauf warten, wie die überall lauernden Gegner in den eigenen Reihen die Messer gewetzt haben.
Jetzt ist die große Koalition wieder groß, nur die SPD bleibt klein, aber es kommt die Sommerpause und da möchten sich gerne alle in ihren Chalets und Landhäusern im Süden oder Norden von den dusseligen Fragen der Journalisten erholen.

Aber am aller wichtigsten ist der Aufruf, dass wir auch bei uns in Deutschland den tief in allen Knochen hausenden, latenten Fremdenhass und die Ressentiments gegen das „Andersartige“ überwinden müssen, denn es geht bei dem Mord an Floyd in Minneapolis nicht nur um die kriminelle Schande eines rassistischen Polizei- und Justizapparates, sondern auch um staatlich sanktionierte Verbrechen vor allem in den Südstaaten der USA von Virginia bis New Mexiko. Man könnte auch sagen, es geht um eine spezielle Abart der Apartheid, die entgegen aller immer wieder gepredigten Aussagen, niemals vorbei war. Die seit Jahrhunderten hoch geehrten Gründerväter waren selbst Sklavenhalter und das hat sich auch nach dem Bürgerkrieg 1860 bis heute fortgesetzt. Die schwarzen Sklaven schufteten auf den Baumwollplantagen, deren Rohprodukte nach England transportiert wurden, um dort in den Textilindustrien um Manchester wiederum eine eigene Form der Sklaverei entstehen ließ: die Arbeiter- und Kindersklaven in den Spinner- und Webereien. Der große Bedarf an Kleidung wurde notwendig, weil durch die rasante demografische Entwicklung, die wiederum mit der industriellen Revolution, der Enteignung der Kleinbauern und Landpächter zusammenhing, das neue Proletariat Kleidung brauchte. Aber auch, weil durch die Verschwendungsucht der Oberklasse immer größere Mengen an Stoff hergestellt werden musste. Dass der den Körper auslaugende oft 16 Stunden Tag noch Zeit für die Zeugung von Kindern übrig ließ, erscheint paradox, ist aber folgerichtig, da Sexualität offensichtlich der einzige Lustgewinn der Unterdrückten war. Es hat aber nur bedingt mit der heutigen Vorstellung von sexueller Lust und Befriedigung zu tun.

Das Morden an Schwarzen und Latinos durch die Polizei ist nur eine Facette der gesamten Rassendiskriminierung in den USA und anderswo, beispielsweise in Frankreich, Großbrittanien oder auch bei uns. Vergessen wir niemals die Indigenen, die LBQT-Community oder die Asiaten, die seit Corona Zielscheibe übelster Anfeindungen sind. Weiße Rassisten haben nie aufgehört, people of colour zu jagen und umzubringen, das beweist allein die Existenz des Ku Klux Klans. In Alabama und Mississippi, in Maryland und in den Staaten längst des großen Stroms Missisippi brennen immer wieder die Kreuze.
In einem meiner letzten Blogs habe ich die Theorie des Tyrannenmordes gedanklich aufgegriffen, weil dieses große Land von einem narzisstischen Soziopathen regiert wird, der auch nach Ferndiagnosen von Psychotherapeuten allenfalles als Nachtwächter in einem Lagerhaus arbeiten dürfte. Er stellt sich in herrschaftlicher Pose als allen anderen überlegen posierender Showprediger vor die Mikrophone und beschimpft am liebsten alle, die nicht seiner Meinung sind. Er regiert nicht sondern unternimmt oder unterlässt  alles, um die gesamte USA immer tiefer in den Abgrund zu ziehen. Die nächste Wahl wird über das Überleben des Staates, über Sein oder Nichtsein entscheiden, so warnen viele Sozialforscher.
Polarisiert sind die Staaten schon lange und die ideologischen Unterschiede zwischen Dinks, Middleclass, Rednecks, Hillbillys, Verlierern des Strukturwandels und rücksichtlos Aussortierter, Großstadt-Cowboys, Yuppies, Surfern, Hippies, Digital Natives, Bildungsbürgern, Evangelikalen, Kriminellen Banden, Rifle-Assoziierten oder auch unauffälligen Menschen. Die Unterschiede sind teilweise so gravierend, dass jeder Tag, den Trump länger im White House herumirrt und dämliche Twittershortcuts loslässt, die Aussichten auf inneren Frieden immer unwahrscheinlicher wird.
Ich bin der Meinung, dass unter den Republikanern kein Brutus zu finden sein wird, denn in dieser Bande Realitätsverweigerer und Suprematisten versammeln sich nicht nur verirrte Hohlköpfe und notorische Gewalttäter, sondern vor allem auch Feiglinge und Betrüger. Erst, wenn sie gegen ihren Willen von Trump aus ihren Ämtern gejagt werden, erheben einige ihre Stimme, um öffentlich  und verdruckst verbrämten Widerstand zu leisten. Aber wer wird diese Abtrünnige, die als Ausgestoßene gelten, dann noch ernst nehmen.

Leider haben die Demokraten auch keine „Balls“, wie es die Amis formulieren, wenn Mut und Durchsetzungskraft gemeint ist, und Biden, der lange als „the hide away“ galt, handelt bei einer Wahl zum Präsidenten vielleicht diplomatischer und kann sehr viel berechenbarer eingeschätzt werden, aber auch dieser Mann ist keineswegs ein lupenreiner Demokrat im Verständnis us-amerikanischen Politikeinschätzung. Bernie Sanders, den die Amerikaner Sozialist nennen, würde hier ein liberaler Sozi sein. Sanders nimmt als politisches Pendant zu Biden eine wichtige Rolle ein, um die Welt sehen zu lassen, dass es nicht nur die rechten und halbrechten Millionärscliquen gibt, die sich das Präsidentenamt gegenseitig als Klinke zur Macht in die Hände drücken. Aber Sanders würde insgesamt niemals so viele Stimmen erhalten wie ein engagierter und mutiger Demokrat, den keiner kennt und der mit geschickten Marketingmethoden künstlich aufgebaut werden müsste. Wir können sehr gespannt, was der Herbst für Stürme mit sich bringt.

Das Dilemma aller Staaten mit einem Zweiparteiensystem und willkürlich zu verändernden Wahlkreisregeln beruht hauptsächlich darauf, dass keine wahre Demokratie entstehen kann, da kein Wähler oder Souverän ohne die Apparate der Parteien irgendein Amt erreichen kann, in dem er etwas Veränderndes ausrichten könnte. Das gilt für Großbrittanien genauso und für Frankreich galt es bis vor drei Jahren, als sich die Republikaner und die Sozialisten mit ihren unterschiedlich gefärbten Flügeln auseinander dividiert haben und sich ein kleiner, aber intelligenter Minister das momentum ergriff und sich entschloss, Frankreich mit einem neuen Narrativ zu verändern. Der Zeitpunkt war ideal. So entstand REM (rapid eyes movement??) oder die Macron-Partei, die sich aktuell allerdings anschickt, sich zu zersplittern. Republique en Marche, davon ist wenig übrig geblieben und bei den Rassenproblemen, der Stadt-Land Problematik wie dem strukturellen Innovationsstau hat sich wenig verändert.
Die Grünen, en France les verts, lassen in all diesen Ländern zumindest Hoffnung aufkeimen, weil sie die Zeichen der Zeit erkannt haben und  historisch gesehen, Fleisch der Linken sind. Sie haben sich früh genug aufgemacht, die Folgen der Klimakrise in den Fokus zu rücken und die Ökobilanzen zu verbessern versuchen. Oft werden sie von den Konservativen als „Öko-Faschisten beschimpft und stehen doch fester auf der Basis der demokratischen Grundsätze als alle anderen Parteien. Es wäre zu hoffen, dass sich angesichts der großen Herausforderungen der Zukunft alle Linken als innovative und dem Fortschritt zugewandte Parteien zusammenraufen würden, um die Prozesse der dringend notwendigen Veränderungen schneller und wirksamer durchzusetzen. Leider zeigen viele Beispiele in der Geschichte, dass viele es gemütlicher finden, das konservativ politische Element der einfachen Lösungen in den entscheidenden Momenten geschichtlicher Transformationsprozesse zu hemmen. So wurden viele der Hoffnungen auf eine gerechtere und friedlichere Welt zunichte gemacht. (1830, 1848, 1871, 1920, 1933, 19499

Die Demokratie ist weit davon entfernt, den Knoten lösen zu können; ihre ganze Kunst ist, ihn zu durchhauen. Sie verlässt sich auf die Urne; die Urne ist gleichzeitig der Niveaumesser, die Waage und der Prüfstein der Demokratie. Mit der Wahlurne eliminiert sie die Menschen, mit der Gesetzurne die Ideen.

Es ist nicht wahr, dass jeder Staatsbürger ein öffentliches Amt bekleidet: Diese Ämter müssen als unproduktiv so sehr wie möglich eingeschränkt werden und schließen also von Natur die überwältigende Mehrheit der Staatsbürger aus. Früher, bei den Griechen, nahm jeder Bürger ein vom Staatsschatz bezahltes Amt ein; in dieser Beziehung wurde das Ideal der Demokratie in Athen und Sparta verwirklicht. Aber die Griechen lebten von der Arbeit der Sklaven, und der Krieg füllte ihren Schatz auf; die Abschaffung der Sklaverei und die immer steigende Schwierigkeit in der Kriegführung haben die Demokratie bei den modernen Völkern unmöglich gemacht.

Joseph Proudhon

„In der Geschichte der Menschheit ging immer um Widerstand, wenn von Freiheit oder später von einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung geredet wurde, Widerstand ist per se kein staatliches Instrument, Widerstand gehört in die Kategorie „Ziviler Ungehorsam“ oder „Zivilcourage“, die jeder Mensch in sich tragen sollte, wenn er als Mensch oder Staatsbürger in einem Staat leben will, dessen Regierung er gewählt hat und dessen Grundgesetz ihm Würde, Unverletzlichkeit der persönlichen und der Meinungsfreiheit garantiert.
In den USA, the land of the free, wo das Glück in der Verfassung steht, zeigt der brutale und verabscheuungswürdige Mord an dem schwarzen Bürger George Floyd die Fratze der staatlichen Willkür und einer Polizei, die offensichtlich tun und lassen kann, was sie will.
Three Billboards reichen nicht aus, um der Polizei zu demonstrieren, dass sie den Bürger schützen muss und nicht umgekehrt, den Bürger zu terrorisieren und zu ermorden. Es wird uns wieder einmal klar und deutlich gezeigt, dass in Gefahr und höchster Not mit dem Mittelweg immer nur der Tod droht, was bedeutet, dass man sich erklären und entscheiden muss und notfalls auch mit Gewalt seine Wehrhaftigkeit demonstriert. Wenn die Freiheit und die Würde des Menschen fundamental bedroht ist, ist Widerstand erste Menschenpflicht.
Die Geschichte der Menschheit ist und bleibt die Geschichte des Widerstandes und die herrschende Geschichte ist die Geschichte der Herrschenden, das kann man übrigens endlos weiter buchstabieren oder wie einen Kanon singen. Moses übte Widerstand und selbst der friedfertige Christus widerstand allen Einflüsterungen, Warnungen und Verlockungen, sich vor der Kreuzigung mit dem daraus folgernden unausweichlichen Tod zu drücken. Nun ja, man kann auch sagen, er hat seinen Plan kompromisslos durchgezogen.
Widerstand hat viele Namen: Beispielsweise: Sokrates, Spartacus, Judith, Luther, Münzer, Goya, Jeanne d´Arc, die Suffragetten, die Résistance, der Ghetto-Aufstand von Warschau, Allende, Mandela, die Anti-Atomkraft-Bewegung, die §218 Bewegung oder der Kampf der Kurden gegen die Türkischen Unterdrücker.
Die Liste des politischen und gesellschaftlichen Widerstandes in den letzten 2000 Jahren ist mehrere tausend Seiten lang. Widerstand ist ein Begriff, der in der Physik eine entscheidende Rolle spielt, weil er als Analogie verdeutlicht, wie die Naturkräfte als Energie und Spannung miteinander oder gegenander funktionieren: Aus einem Physiklehrbuch für Didaktik

Die zweite didaktische Maßnahme ist eine besonders anschauliche Art der Beschreibung, bei der die Spannung als Antrieb für das Fließen des Stroms gedeutet wird.

„Dass es so etwas gibt wie ein Recht, Rechte zu haben – und dies ist gleichbedeutend damit, in einem Beziehungssystem zu leben, in dem man aufgrund von Handlungen und Meinungen beurteilt wird –, wissen wir erst, seitdem Millionen von Menschen aufgetaucht sind, die dieses Recht verloren haben und zufolge der neuen globalen Organisation der Welt nicht imstande sind, es wiederzugewinnen.“

Hannah Arendt

„Ich habe gegen weiße Vorherrschaft gekämpft und ich habe gegen schwarze Vorherrschaft gekämpft. Ich habe das Ideal der Demokratie und der freien Gesellschaft hochgehalten, in der alle Menschen in Harmonie und mit gleichen Chancen zusammen leben. Das ist ein Ideal, für das ich zu leben und das ich zu verwirklichen hoffe. Doch, Euer Ehren, wenn es sein soll, bin ich auch bereit, für dieses Ideal zu sterben.“

Nelson Mandela 1964 – Rivonia Prozess

 

Wolfgang Neisser – geändert 2021/02/12