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Die dunkle, geschlossene Wolkendecke, die von der Biskaya her landeinwärts zog, roch nach Schnee, wie es der langjährig geübte und erfahrene Wetterbeobachter erschnüffeln können. Wenn man diesen begnadeten Himmel und Erde beobachtenden und auch voraussagenden Menschen glauben kann, sollen diese sehr dunklen, blaugrünen bis dunkelgrauen, langsam vorwärts wandernden Wolkenfarben Regentropfen in Sekundenschnell in Schnee verwandeln und die darunterliegende Wintererde mit weißem Pulver überziehen können. Wäre der Schnee schon in der Wolke und würde sich die Wolke schlagartig öffnen, plumpste ein riesiger Schnee- oder Eisblock auf Köln und die Innenstadt könnte man nur mit Eispickeln erreichen. Also opjepaass. Diese Naturtalente riechen es angeblich, wenn sich Schnee ankündigt, mein Onkel war auch so einer, der auf einer seiner Wiesen oben am Berg stand und weit ins Tal hinunterschaute und dann kurz und bündig anmerkte: Es gibt Schnee.Ich stand an der Esplanade oder dem Boulevard des Pyrénées von Pau, die dem versonnen schlendernden Flanierer an klaren Tagen im gleißenden Licht der Erdheizung ein grandioses Pyrenäenpanorama beschert und war mir nicht sicher, ob es schon gleich kommen würde oder erst am nächsten Tag. Es kam abends.
Die letzten Tage hatte es nur geregnet und die Luft fühlte sich an Händen und Wangen immer noch kalt an, obwohl mich die kräftigen Sonnenstrahlen verleiteten, den Mantel zu öffnen, weil ich für diese Temperaturen viel warm angezogen war. Das fühlte sich schon wie Frühlingssonne an und war beileibe keine Solartäuschung. Im Januar wäre es ansonsten zu ungewöhnlich, wenn es einem so warm um die eingepackte Weißhaut würde. Aber der Klimawandel machte ohnehin, was er wollte und vor Tagen hatten wir noch bei 16-18 Grad auf einer Bank gesessen und auf die schneebedeckten Gipfel des Pic du Midi und der anderen hohen Berge der steilen Pyrenäenzacken geschaut. Wir saßen ohne Mantel und schon mit leichter Furcht, sich einen Sonnenbrand in die Visage einbrennen zu lassen, auf einer Bank auf dem Boulevard und genossen das herausragende Wetter.
Pau liegt auf einer moderaten Anhöhe etwa 70 km von den Bergriesen an der spanischen Grenze entfernt und die Paloises, wie die Einwohner genannt werden, sind als Bewohner des Bearn, die auch die Geburtststadt Henri Quatres ist, durch und durch von den Bergen geprägte Pyrenäer.

Die erwähnte Esplanade, eine langgestreckte Flaniermeile, zieht sich oberhalb des Flusses Ousse von Südwesten am Mittelmeer bis zum Südwesten am Atlantik entlang des Bergzuges, der Frankreich von der Iberischen Halbinsel trennt. Wer die Tour de France liebt, kennt Pau, denn die Stadt war schon viele Male Etappenziel oder Startort des gleichnamigen Fahrradklassikers. Von hier aus strampeln die Athleten der Pedale auf die Höhen des Ausbisque, des Portalets oder über die Haarnadelserpentinen des berühmten Tourmalets.
Zunächst gleiten sie fast ohne Anstrengung durch die Täler der Ousseau oder der Vert und bisweilen entlang des Canal du Neste, um dann kräftig in die Eisen zu steigen, den Hintern aus dem Sattel zu heben und auf 1600 bis 2000 Meter hochzuklettern. Mit zwei Armen, zwei Beinen und zwei Rädern. Und mit vielen Muskeln und großen Lungen, die gut und gerne 5-6 Liter Luft fassen können. Manche werden von geheimen Kräften beflügelt, die aber sehr wenig mit der Kraft der menschlichen Muskeln zu tun haben. Nichts gegen die Pyrenäenberge, aber für mich sieht der interessierte Betrachter die modernen Sysiphosse am liebsten am Mont Ventoux, wo man auf den letzten Kilometern, wo kein Baum und kein Strauch wächst, sehen kann, dass für einige das Erreichen des Gipfels nicht unbedingt von Glücksgefühlen begleitet wird. Tom Simpson hätte weniger Cognac getrunken und die Finger vom Ephedrin gelassen, wenn er sich dessen bewusst gewesen wäre.

Von der Esplanade, dreißig Meter über dem Fluss Ousse präsentieren sich Gipfel in einem überirdischen Spektakel natürlicher Wunder, gegen die sich der Mensch wie eine Ameise vorkommt.
Die strahlende Sonne überschüttet das tiefer liegende Panorama von Pau mit einem Licht, das alles in einer Plastizität erscheinen lässt, wie man es nur selten sehen kann. Jede Hauskante, jedes Dach, jede Statue und jeder Baum wirken so, wie sie wahrhaftig im Raum miteinander und zueinander stehen. Rechte Winkel, Dachschrägen, Kamine und Rundungen vermitteln den Anschein einer tatsächlichen Dreidimensionalität mit ihren unterschiedlichen Formen. Dieses Schauspiel ist im Winter in der Nähe des Hochgebirges nur bei klarer Sicht in den Mittagstunden zu sehen, denn schon gegen drei Uhr nachmittags beginnt der kosmische Feuerball hinter dem Horizont zu versinken. Die Esplanade wird von den Stadtoberen offiziell als Boulevard des Pyrénées bezeichnet und verbindet auf einer Strecke von nahezu 2 km das Prachtschloss Pau mit dem Palais de Beaumont und seiner angrenzenden Parkanlage. Angeblich soll Napoleon Bonaparte auf die Idee gekommen sein, oberhalb des südlichen Hanges des Hügels eine derartige Prachtstraße bauen zu lassen, um die Aussicht auf das Bergpanorama für alle zugänglich zu machen. Wenn schon Napoleon so ein Vorhaben für angemessen hält, können die Bürger nichts anderes machen als dem Fingerzeig zu folgen.
1854 begannen die Bauarbeiten und das erste Teilstück der Terrassenstraße entstand innerhalb von einundzwanzig Jahren. Das hat noch gedauert, aber die Arbeiter mussten alles mit ihren Händen erstellen und das kostet eben etwas mehr Zeit als der Einsatz von Bulldozern oder Planierraupen. Nachdem 1863 Pau eine Zugverbindung erhielt, lebte der schon seit einiger Zeit bei der Bourgeoisie angesagte Winterkurort am Fuße der Pyrenäen erst richtig auf.

Der Baumeister Jean-Charles Alphand wurde beauftragt, den gesamten Boulevard mit halbrunden Arkaden zu unterfüttern, sodass die Südwestseite von Pau bei ihrer Fertigstellung im Jahre 1900 wie ein langgestrecktes Viadukt wirkt. Winterfeste Palmen wurden gepflanzt und grazile Straßenlaternen dienten als Beleuchtung in der Dunkelheit. In der Mitte am Place Royal entstand ein Aussichtsrondell und 1908 verband eine Standseilbahn, die Strecke von 105 Metern, die von der Terrassenplattform zum Ufer der Ousse gemessen wurde.
Aber das prachtvoll gebaute Schloss Pau mit seiner weitläufigen Anlage, am westlichen Ende des Boulevards gelegen, macht Pau erst zu einem Ort von großer Bedeutung und zu einemwichtigsten historischen Stätte Frankreich. In diesem Schloss, dessen ersten Bauarbeiten schon im Mittelalter begannen, führte Margarete von Angoulème  oder Navarra die Residenz über das umliegende Königreich Navarra. Margarete galt weit über die Fürstenhöfe Frankreichs hinaus als einer der gebildesten Frauen des Adels. Sie pflegte und förderte an ihrem Hof die unterschiedlichsten die Kulur der schönen Künsten, des Theaters, der Philosophie oder der Musik. Sieben Sprachen soll sie erlernt haben und kannte sich in allen Bereichen des philosophischen Diskurses aus. Nachdem ihre erste Ehe mit Karl V kinderlos geblieben war, heiratete sie aus dynastischen Gründen Henri d´Albret, den Herrscher des nördlichen Navarra und der Stadt Foix. Aus dieser Ehe ging Henri IV hervor, der eine der wichtigsten Herrscher über Frankreich wurde. Margarete von Navarra freundete sich schon früh mit den Lehren Luthers an und wurde eine Beschützerin der Hugenotten. Diese protestantische Glaubensgemeinschaft wurde viele Jahre im katholisch geprägten Frankreich verfolgt und in zahlreichen Kriegen deutlich dezimiert. Die Hugenotten zogen es vor, Frankreich zu verlassen und einige sind in deutschen Regionen heimisch geworden.

Heinrich der IV wurde 1554 als Henri getauft und auch wenn es für viele müßig sein wird, mehr über den späteren König Frankreichs zu erfahren, möchte ich einige herausragende Ereignisse in dessen Leben nachzeichnen. Henri IV (1553 bis 1610) wurde 1572 als König von Navarra gekrönt. Wem der Begriff Navarra nicht geläufig ist, sollte sich eine Landkarte aus dem 16. und 17. Jahrhundert anschauen, um sich kundig zu machen, dass Navarra im Nordosten Spaniens liegt und von den heute autonomen baskischen Provinzen Guizpoca und Alava und dem spanischen Aragon sowie Rioja begrenzt wird. Die größte Stadt ist Pamplona, bekannt geworden durch die Stierhatz in den Straßen und Gassen der Stadt. Aber auch in Frankreich gab es vor Jahrhunderten ein Navarra, welches unmittelbar jenseits der spanischen Grenze lag. Heinrich trug nicht von Anfang an den Zusatz IV, zunächst wurde er sehr einfach Henri le Bearnais gerufen. Da seine Mutter entgegen der katholischen Feudalregierung in Paris, Protestanten und Abtrünnige der katholischen Lehre um sich scharte und schützte, wurde er zwar katholisch getauft, aber protestantisch erzogen. Die weitere Geschichte ist wie so oft in den adligen Höfen und Schlössern mehr als kompliziert und in wenigen Jahren treten Persönlichkeiten ins Rampenlicht, die uns nur bedingt etwas sagen. So heiratete der französische Thronfoler Franz von Valois die schottische Thronerbin Maria Stuart. Namen und die Personen, die sie trugen, gingen und kamen oder umgekehrt. Manche starben, andere fielen vom Pferd oder wurden bei Turnieren mit Lanzen durchbohrt. 1560 bestieg Karl IX den Thron, war aber erst 10 Jahre alt und aus diesem Grunde übernahm dessen Mutter Caterina von Medici die Amtsgeschäfte. In Paris mischten überall die Gebrüder Franz und Karl von Guisen mit und schielten permanent auf den Thron, was der Frau Medici gar nicht gefiel. Wie so oft in der Weltgeschichte ging es um den richtigen Glauben und der war damals eindeutig vom Papst und seinen erzkatholischen Fans geprägt. Die Guisen mochten die Protestanterei der Medici Navarren nicht und brachen einen Streit vom Zaum, der als Anfang des 1. Hugenottenkrieges in die Geschichte einging. Am 1. März 1562 metzelten die Guisen in Nordostfrankreich die Hugenotten nieder, was als Blutbad von Wassy Einzug in die Geschichtsbücher hielt. Heinrichs Mutter, die durch einige Missgeschicke und feudalistische Verwerfungen in den Hintergrund gedrängt worden war, stellte Catherina von Medici in einem internen Machtkampf kalt und sorgte dafür, dass Henri wieder in den Vordergrund treten konnte. Beteiligt waren unter anderem Phillip der IV oder der Schöne, Nostradamus, Anton und Johanna von Albret und natürlich die Guisen Gebrüder.

1567 kam es zum 2. Hugenottenkrieg, der ohne großes Gewese in den dritten Hugenottenkrieg überging. Wem das zu viel wird, denke nur an die italienischen Parlamente seit 1945, da ging es deutlich mehr drunter und drüber, allerdings scheuten sich die Beteiligten, sich gegenseitig umzubringen. Kurz und gut, oder lang und schlecht, was gerade opportun ist, die allgemeine Gemengelage war nur sehr schwer zu entwirren. Aber die berühmt berüchtigte Bartholomäusnacht oder Bluthochzeit von Paris am 24. August 1572 als Karl IX befahl, alle Hugenotten zu ermorden. Im Nachhinein rechnen die Gelehrten mit mehr als 13.000 Toten auf Seiten der Hugenotten. Henri wurde gefangen genommen und konvertierte wieder zurück zum Katholizismus. Er wurde jeglicher Machtbefugnis entledigt und verbrachte ein paar Jahre als Staatsgefangener im Louvre, bis ihm die Flucht gelang. Er machte die Konvertierung rückgängig und lebt als dominierender Fürst, Herzog oder König in Südwestfrankreich, der sogenannten Guyenne. Der vierte Hugenottenkrieg wurde derweil vom Zaun gebrochen und die Hugenotten begannen nach und nach Frankreich zu verlassen.
Das Thronfolgetheater ging aber munter weiter. Mal war Heinrich oben und mal unten. Nach vielen Hochzeiten und Todesfällen gelang es Heinrich, den Thron zu besteigen. Vorher konvertierte er wieder zum Katholizismus, damit auch alles seine Richtigkeit hatte, wenn es dereinst um höhere Weihen gehen sollte. Am 27. Februar 1594 ernannte ihn in der Kathedrale von Chartres ein gerade zur Verfügung stehender Erzbischof auf Geheiß von Papst Clemens VIII zum König von Frankreich. Es war erreicht und hatte Henri im Laufe der Zeit nicht nur ordentlich Nerven gekostet, sondern auch viele Leichen die Pfade zum Ruhm gepflastert. Nunmehr schritt er an der Spitze Frankreichs als Henri IV durch die endlosen Gemächer des Louvre und machte sich viele tiefgründige Gedanken, die so manch andere Adlige mit der Kraft ihres Geistes nicht zustande bringen würden. 1610 fiel Henri IV einem feigen Attentat zum Opfer, als er in einer schmalen Gasse von Paris in einen Hinterhalt geriet. Mit drei Stichen in der Brust, wobei die Schlagader getroffen wurde, verstarb er noch auf dem Wege zu einem Spital oder Arzt. Bis heute weiß man nicht, ob der Mörder François Ravallaic alleine oder auf besonderen Befehl interessierter Gegner handelte. Im Übrigen waren Attentate für Henri IV nichts Besonderes, denn während seines Lebens wurde 18mal versucht, sich seiner zu entledigen. Ihm folgte sein minderjähriger Sohn, der als Ludwig XIII auf den Thron stieg.

Wer sich ein eindringlicheres Bild vom Leben und Wirken des Henri Quatre machen möchte, sollte Heinrich Manns Bücher „Die Jugend des Königs Henris Quatre“ und „Die Vollendung des Königs Henri Quatre“ lesen. Diese beiden literarischen Werke zeigen exemplarisch den Geist der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts und welche Bedeutung Henri IV für die weitere Entwicklung von Frankreichs Geschichte einnimmt. In dem Getümmel von Namen und Verheiratungen, von Böswilligkeiten und Erfolgen, vergaß ich das Edikt von Nantes 1598 zu erwähnen. Am 13. April jenes Jahres verfügte er, dass endlich Gewissens- und Religionsfreiheit in Frankreich einkehren sollte, um kommenden Auseindersetzungen zwischen den Glaubensgemeinschaften einen Riegel vorzuschieben. Freies Ausüben seiner Religion glich einer Revolution und die Calvinisten konnten zumindest in den ländlichen Gebieten des Königreichs aufatmen. Allerding galt das Edikt nicht in Paris und der näheren Umgebung wie Städten mit Bischofssitz und königlichen Schlössern. Die Hugenotten bekamen alle Bürgerrechte zugeteilt, die ihnen erlaubte, öffentliche Ämter zu bekleiden und bestimmte Städte weiterhin zu regieren. Meines Erachtens ging es dem König vor allem darum, einigermaßen Ruhe ins Land einkehren zu lassen. Inwieweit ökonomische und politische Interessen einbezogen waren, ist schwer zu beantworten. Allerdings sieht man an der Widerrufung des Ediktes 1685 durch Ludwig den XIV, wie bitter dieses Zückerchen den Hugenotten geschmeckt hatte.

Pau bedeutet keinesfalls eine ikonische Gedenkstätte für den berühmten König, Pau ist eine kleine Stadt am Fuße der Pyräneen in der historischen Gegend Bearn. Sauce Bernaise? Nie gehört. Nun gut, Sauce Bernais ähnelt der Sauce Hollandaise, die eine eher langweilige Buttersauce ist. Die Bernaise ist kräftiger und aromatischer und erlangt durch Estragon, Kerbel, Pfeffer und Schalotten seinen eher rustikalen Geschmack, was sie aber für den Gourmet umso aufregender werden lässt.
Aber das Bearn Occitanien und Occitanien ist fast schon baskisch. Bearn ähnelt dem Gascoigne und der berühmteste Gascoigner war ein Musketier des Königs namens d ́Artagnan, wobei Porthos, Athos und Aramis, seine Kampfgefährten ebenfalls Gascoigner waren. Landwirtschaft und Weinbau haben das Bearn über Jahrhunderte ernährt und gerade die Weine Jurancon und Madiran sollten jedem Feinschmecker bekannt sein.
Und wer kennt Mademoiselle Soubirou? Auch nur wenige. Soubirou ist der Familienname der heiligen Bernadette, die in dem Ort Lourdes in einer Grotte gelebt hat und mit Gott ein Abkommen zur medizinischen Heilung von Schwerkranken getroffen hat. Jährlich pilgern Millionen in das kleine Pyrenäenstädtchen, um zu Bernadette zu beten und Heilung zu erflehen. Hin und wieder gelingt das, aber wer glaubt, dass Lourdes so etwas wie eine bäuerliche Charité ist, hat sich getäuscht. Hier reicht das Gebet aus und Skalpell und andere Werkzeuge der chirurgischen Kunst sind geradezu verpönt. Wer glaubt, kann geheilt werden, wer nicht glaubt, bisweilen auch. Asonsten ist der Film „Lourdes“ von Jessica Hausner mit der sehr gut besetzten Syvie Testud zu empfehlen.
Gestern sind wir noch bei schönstem Sonnenschein von der westlichsten Gemarkung entlang der Ousse und unterhalb des Boulevard des Pyrénées bis zum Schloss Beaumont gelaufen,  weil ich unbedingt die architektonische Konstruktion der den Boulevard abstützenden Arkaden sehen und fotografieren wollte. Zurück sind wir wieder mit dem Bus T4 gefahren, der wie die meisten Busse zwischen Mediathek und Les Halles hält. Pau ist vor allem für diejenigen empfehlenswert, die in kleinen Läden oder Boutiquen einkaufen wollen. Das Angebot an Restaurants oder Bistros, von denen etliche schon ihre Außengastronomie eröffnet hatten, bietet jedem, der entweder mit der französischen Küche liebäugelt und allen anderen, die spanisch, italienisch, vietnamesisch oder baskisch speisen, jede Menge Angebote. Noch ist keine Saison, aber ich kann mir vorstellen, dass die Restaurants entlang des Boulevards schon im März ihre Tische in die Sonne stellen werden.
Heute sind wir zur Trabrennbahn gelaufen und sahen, dass die Stadt sehr viel an hochklassigem Sport zu bieten hat. Da steht ein Rugbyfeld und eine sehr extravagante Schwimmhalle, im Club des Bridge kommen die zockenden Kartenspieler zu ihrem Recht und selbst das baskische Pelote wird in einer eigenständigen Halle ausgetragen.
Natürlich wird auch Fußball gespielt, wenn auch nicht erstklassig und an der Ousse trainieren Kanuten in dem bisweilen reißenden Fluss, wenn die Schneeschmelze das Gebirgswasser nach unten treibt. Wir können Pau als Reiseort nur empfehlen, denn welche Stadt mit 90.000 Einwohnern bietet so viel Erlebnisträchtiges. Schließlich gibt es noch den Schnee, wenn er denn mal fällt und in den Bergen können Abfahrer wie nordische Skiwanderer ihre Pisten und Loipen finden.

Laut Patrick Cabanel stellten die Hugenotten 1560 etwa 2 Millionen Menschen oder 12,5 Prozent der damaligen französischen Gesamtbevölkerung;[1] andere Autoren wie Hans Hillerbrand gehen von 10 Prozent um 1572 aus, was gleichfalls 2 Millionen Menschen ergibt.

Wer wissen möchte, wie das Wort „Hugenotten“ entstanden ist, kann in einschlägigen Lexika fündig werden. Bekanntlich haben die Franzosen mit der Intonation der deutschen Sprache hin und wieder ihre Schwierigkeiten. Wer nach langem Rätselwegen über Paris und Basel in die Schweiz gelangt ist, wird verstehen, dass mit dem Wort Hugenotten die Eidgenossen gemeint waren, die wiederum in ihrem inzwischen konvertierten Glauben nicht Martin Luther folgten, sondern dem Herrn Calvin, der in Schweiz eine marginale oder andersartige Form der Ausünung des Protestanismus entwickelt hatte. Im Prinzip ist das Wurscht, wie man wurschtig zu sagen pflegt, aber für alle Protestanten ist es es eine entscheidende Abweichung vom Tintenfass schmeißenden Exmönch, wenn irgendein anderer Reformator mit Spezifikationen dazwischenfunkt. Fragt sich nur, was die anderen protestierenden Refomatoren als einzigartige Form ihres Glaubens angegeben hätten. Zwingli müsste auch im Schwyzerdütsch zu erklären sein, obwohl allein das i am Ende schon deutlich genug auf das Schweizeische hinweist. Zwingl-i könte auch bedeuten. Zwing i di, zwingst du mi. Aber was ist mit Hus, Melanchton oder gar Thomas Münzer. Das rote Tuch für die Puristerei in der evangelischen Pfarrei.
Aber lassen wir die evangelischen Heiden und die Katholischen Despoten mal außen vor, eins sollte doch klar sein, wenn man sich mit dem Kölschglas einem anderen Kölschglas nähert, haben alle Darsteller in allen Kirchen nichts mehr dazu zu sagen, es sei denn, sie vergessen Päpste, Kardinäle und andere subalternen Botschafter ihres Glaubens wie auch alle Vorsitzenden der evangelischen Bischofskonferenzen und lassen die von dort oben wie die hier unten einfach Mensch sein.

Nach einem abschließenden, geselligen Abend mit unseren Gastgebern können wir nur sagen, dass sie uns noch mehr über die Gepflogenheiten des Bearn nähergebracht haben und einen Einblick einer indigenen Palois-Familie gewährten. Allein die Köstlichkeiten der Gastronomie zeigten uns, im Bearn lässt sich leben. Wir können mit Freunde sagen, dass wir  froh in Pau waren.

 

Wolfgang Neisser

21.01.2023 in Pau